Der 23. 12 ist vielen Menschen hier im Una Sana Kanton in Erinnerung geblieben. An diesem Tag ist das Camp Lipa vollständig niedergebrannt. Vorausgegangen waren dem, zähe Verhandlungen zwischen der Camp Leitung und der lokalen Regierung. Das Camp sei nicht winterfest, deshalb solle es geschlossen werden, so lautete der Vorwurf an die Kantonregierung.
Am 23. 12., inmitten eisiger Wintertemperaturen begannen die Mitarbeiter*innen von IOM das Camp zu räumen und dann passierte der Brand. Wer dafür verantwortlich ist, ist bis heute unklar. Der Geschehensablauf lässt sich nicht mehr rekonstruieren, Ermittlungserfolge bleiben bisher aus.
Der Brand schlug hohe mediale Wellen in Europa. Spendenkampagnen wurden gestartet, Hilfstransporte organisiert, Botschafter*innen und EU-Sonderbeauftragte besuchten mit besorgter Miene das abgerannte Metallskelett. Mittlerweile hat die lokale Ausländerbehörde die Camp Leitung übernommen. Von einer Lösung wurde gesprochen, evakuiert wurden die Menschen trotz der menschenunwürdigen Verhältnisse nicht. Die europäische Union zwingt sie trotz Minusgrade weiter zum Ausharren an den Außengrenzen.
Doch was hat sich seit dem Brand für die Menschen hier verändert?
Die Berichterstattung ist abgeflaut, die Empörung über die Lebensumstände für Menschen auf der Flucht mit ihr.
Kurz nach dem Brand wurden Militärzelte aufgebaut, im Laufe der Zeit neue Stockbetten aufgestellt, provisorische Holzböden verlegt. Mehrere Duschcontainer stehen zur Verfügung und SOS Bihać leistet in Kooperation mit dem hiesigen Krankenhaus einen 24/7 medizinischen Notdienst.
Trotz aller Bemühungen kam es in den letzten Wochen zu einem massiven Ausbruch von Krätze. Das Team von SOS Bihać desinfizierte die Zelte, verteilte neue Ausstattung an die Menschen und stattete sie mit den nötigsten Hygieneartikeln aus. Die intensiven Bemühungen haben die Situation verbessert, dennoch kommt es immer wieder zu neuen Infektionen. Hinzu kommen mehrere bestätige Covid Fälle. Diese werden auf der Quarantänestation behandelt.
Seit Anfang März wird über die Schließung des Camps Miral gesprochen. Die sich dort aufhaltenden Menschen sollen dann nach Lipa kommen. Ganz konkret würde dies bedeuten, dass die Anzahl der zu verpflegenden Menschen von rund 1.000 auf 3.000 ansteigen würde. Zlatan Kovačević nennt dies eine weitere humanitäre Katastrophe und das Team von SOS Bihac beginnt im Hintergrund, Vorbereitungen zu treffen, die die neue Katastrophe wenigstens ein wenig abfedern könnten.
Seit dem Brand hat sich in Lipa einiges verändert, doch eine Konstante ist geblieben: die Menschen auf der Flucht fühlen sich vergessen, die lokale Bevölkerung von der europäischen Wertegemeinschaft im Stich gelassen. Seit Jahren verwehrt die Festung Europa den geflüchteten Menschen den Zugang zu universellen Menschenrechten und wälzt die Aufgabe der Verpflegung auf den strukturschwachen Kanton Una Sana ab.
Während um eine gesamteuropäische Lösung gerungen wird, verstreicht immer mehr Zeit. Zeit, die die Menschen auf der Flucht nicht haben. Für sie geht es gegenwärtig um Leben und Tod.